2002
IPHIGENIE IN AULIS UND EIN MÄDCHENLEBEN FÜR WIND
Eine Windstille zwingt die griechische Flotte auf dem Weg nach Troja zur Untätigkeit in Aulis. Die Soldaten meutern und wollen endlich in den Krieg, sicher schon damals, einem heiligen. Der Seher Kalchas prophezeit ihnen, dass Agamemnon, der Heerführer, seine Tochter Iphigenie opfern muss, damit der Wind aufkommt. So veranlasst dieser unter einem Vorwand, dass seine Frau und seine Tochter nach Aulis kommen. Sein Bruder Menelaos dagegen, würde den Feldzug lieber abbrechen. Schließlich löst Iphigenie den Zwiespalt, indem sie sich freiwillig opfern wird um ihr geliebtes Vaterland vor den Barbaren zu retten. Vielleicht so etwas wie ein Vorläufer unserer heutigen verblendeten Selbstmordattentäter. Doch die Göttin selbst verzichtet auf das Opfer und um das Heer zu täuschen opfert man statt dessen ein Reh. Diese Grundhandlung wurde von Friedrich Schiller 1790 frei übersetzt und vor allem von den ursprünglichen Chören weitgehend befreit, die für uns noch verständlich sind. Nach Gerhart Hauptmann 1943 nahm sich nun der Franzose Andre Obey der Thematik an und schuf ein in unserer Sprache gehaltenes Schauspiel. Er hält sich zwar eng an die Idee des Euripides, nimmt aber für das Motiv des freiwilligen Opfertodes nicht eine heldenhafte Haltung des Mädchens, sondern Iphigenie tritt aus dem Leben aus Abscheu und Enttäuschung über das Verhalten ihrer Familie. Die Naturbühne spielt beide Stücke an einem Abend, jedoch in der Bearbeitung unseres erfahrenen und erfolgreichen Regisseure Wolfgang Rostock auf die Länge eines Stückes gekürzt. Das reizvolle in dieser Gegenüberstellung von antike und moderner Schauspielkunst, mit antiken und modernen Gedankengut, liegt vor allem darin, dass sowohl die klassischen, als auch die modernen Rollen von den gleichen Spielern verkörpert werden.